BDBI: Chancenlos ohne Ausbildung

Ohne Ausbildung schaffen wir uns selber ab!, warnt in folgendem eindringlichem Statement der Bund Deutscher Buchbinder (BDBI).

Längst läuten innerhalb der Buchbinder-Branche hierzulande die Alarmglocken, weil die Zahl der Auszubildenden und der Fachkräfte in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken ist. Dadurch wird es zunehmend schwierig, die Auftragsabwicklungen in den Buchbindereien in wirtschaftlicher Art und Weise umzusetzen. Obwohl Verantwortliche und Verbände, wie der BDBI auf einer kürzlichen Tagung in Hamburg verlauten ließ, diese Situation schon länger erkannt zu haben, ließ sich bisher kein Patentrezept finden.

Und die Gründe für die sinkenden Zahlen sind sehr vielfältig. Der demografische Wandel hat sicher einen großen Anteil an der ungünstigen Situation. Zahlreiche Buchbindereien haben in den letzten Jahren ihre Tore geschlossen, sodass sie damit auch als Ausbildungsbetriebe wegfallen. Doch besonders die allgemein gesunkene Bereitschaft zur Ausbildung seitens mancher Unternehmen, Spezialisierungen in den Portfolios sowie kleinere Betriebsgrößen machen die Situation schwierig. Selbst öffentliche Einrichtungen, wie z.B. Bibliotheken, Universitäten und Archive, haben ihre Ausbildungsmöglichkeiten überwiegend eingestellt – und das, obwohl gerade sie mit ihren großen, vom Säurefraß befallenen Beständen auf das Fachwissen von Buchbinder(inne)n und Restaurator(inn)en angewiesen sind.

Deswegen gilt es nunmehr Überzeugungsarbeit zu leisten, denn nur mit einer kontinuierlich steigenden Zahl von Ausbildungsverträgen können wir mittelfristig dem Fachkräfte-Mangel in der Buchbinder-Branche entgegentreten. Das Interesse an einer entsprechenden Ausbildung ist in den letzten zwei Jahren zwar wieder etwas angestiegen, muss aber in den nächsten Jahren noch weiter ansteigen, um dem Fachkräfte-Mangel entgegenwirken zu können. Das zeigen die aktuellen Zahlen mit einem Zuwachs von 37 Prozent neu abgeschlossenen Verträgen im Jahr 2021 gegenüber 2020 bundesweit.

Das traditionsreiche als auch hochmoderne Buchbinder-Handwerk ist im Jahr 2021 in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Unesco aufgenommen worden. Einerseits garantiert es als wichtiger Kulturträger die Weitergabe traditioneller Handwerkstechniken, die zur Restaurierung wichtiger Kulturgüter Vorrausetzung sind. Andererseits hat das Buchbinder-Handwerk mit Bravour den Transfer in das Zeitalter der Digitalisierung vollzogen. Das zeigen hochproduktive Betriebe der Buchproduktion, die es auch in Deutschland gibt.

Ebenso ist die Situation an den Berufsschulen verbesserungswürdig. Einige sehr gut ausgestattete Berufsschulen stehen einer sehr geringen Zahl an Auszubildenden gegenüber. Trotz abgesenkter Mindestklassengrößen haben wir eine Situation, in der eine Bündelung von Fachklassen zu Landes- oder Bundesfachklassen der einzige Garant für eine qualitativ hochwertige Ausbildung ist. Nur auf diese Weise kann das Buchbinder-Handwerk sich die so notwendigen Fachkräfte heranziehen und den Beruf langfristig überleben lassen.

Dennoch kommen für viele auf das Handwerk orientierte Buchbindereien, die in den vergangenen Jahren dringend einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin gesucht haben, diese Maßnahmen zu spät. Obwohl sie sich am Markt erfolgreich behauptet haben, blieb ihnen nichts anderes übrig, wegen fehlender Nachfolge einfach ihre Türe abzuschließen. Damit ist für das immaterielle Unesco-Kulturerbe Buchbinder-Handwerk wieder ein Unternehmen unwiederbringlich verloren gegangen.

https://www.bdbi.org

Festeinbände zwischen Pressbalken: Längst befindet sich das Buchbinder-Handwerk selbst aufgrund des Fachkräfte-Mangels unter hohem Druck. Foto: Frank Baier
Festeinbände zwischen Pressbalken: Längst befindet sich das Buchbinder-Handwerk selbst aufgrund des Fachkräfte-Mangels unter hohem Druck. Foto: Frank Baier