Die Sammlung des Verlegers Mark Lehmstedt kommt in die Deutsche Nationalbibliothek und liegt jetzt auch als Publikation vor.
Mehr als zwei Jahrzehnte lang hat der Leipziger Verleger und Buchwissenschaftler Mark Lehmstedt Tüten, Taschen und Beutel gesammelt, die dem gedruckten Buch, seinen Machern und Lesern gewidmet sind. Ob aus Papier, Plastik oder Leinen, fabrikneu oder gebraucht, schön oder hässlich, sind sie doch allesamt Zeitmesser und Zeugnisse einer literarischen Kultur, die zu Beginn des 21. Jahrhunderts zunehmend in Bedrängnis geraten ist. Aus Anlass seines 60. Geburtstages übergibt Mark Lehmstedt seine etwa 3000 Exemplare umfassende Sammlung von Buchtüten dem Deutschen Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig.
Was andere achtlos entsorgt und selbst Hersteller niemals aufbewahrt haben, ist für eine Archäologie der Gegenwart von großem Interesse. Immerhin erinnern die Buchtüten an längst verschollene Buchhandlungen und Verlage, machen den Übergang vom analogen zum digitalen Zeitalter sichtbar, spiegeln mit dem Übergang von der Plastiktüte zum Stoffbeutel ebenso den Wechsel zu einer auf Nachhaltigkeit bedachten Gesellschaft. Nicht zuletzt weisen sie ein wunderbares Zeugnis der Designentwicklung und Produktwerbung aus.
Demzufolge entpuppt sich die Buchtüte mit ihren sehr unterschiedlichen Aufdrucken als Gradmesser für den Zustand einer ganzen Branche. Als Verbrauchsmaterial produziert, kommt ihr erst mit zeitlicher Distanz der Status von Kulturgut zu, dem allgemeingültige Aussagen über historische Entwicklungen zugetraut werden. Zur Sammlung ist jetzt eine Publikation erschienen, nicht als Katalog, auch nicht als wissenschaftliche Darstellung zur Historie der (Buch-) Tüte. Eine Auswahl von mehr als 550 der schönsten, interessantesten, originellsten Buchtüten aus dem gesamten deutschen Sprachraum – gleichfalls einige herrlich misslungene – offeriert die verblüffende Vielfalt der Motive und Gestaltungen.