Die Schweizer Traditionsfirma Winter & Company bringt mit „Toile Ocean“ den ersten Bucheinband auf den Markt, der aus recyceltem Ozeanplastik gewoben wird.
Dem familiengeführten Baseler Unternehmen in der vierten Generation ist Nachhaltigkeit ein großes Anliegen. „Toile Ocean“ wird hergestellt in Zusammenarbeit mit dem ebenfalls in Basel ansässigen Unternehmen Tide Ocean. „Toile Ocean“ ist ein neues Material, das hauptsächlich aus recyceltem Ozeanplastik gewoben wird. Die hohe Langlebigkeit des Materials bietet zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten – insbesondere für Bucheinbände, die sonst meistens aus Papier oder textilen Materialien gefertigt werden. Das Gewebe kann aber auch als Bezugsmaterial verwendet werden für Hang Tags (Kleideretiketten), Premium Packaging, Shopping Bags und Schreibwaren-Artikel. Aufgrund der hohen Langlebigkeit eignet sich das Material auch für Menükarten und kann zudem vernäht werden.
Repräsentatives Bezugsmaterial
„Unser Ziel mit ‚Toile Ocean‘ war, ein attraktives Bezugsmaterial mit Rohstoffen zu schaffen, die in unserer Branche nicht üblich sind. Gleichzeitig wollten wir ein natürliches Aussehen, Haptik und das Gefühl eines Textils kombinieren, das eine starke Umweltbotschaft vermittelt“, sagt Christoph Borer, CEO von Winter & Company. Die Produktentwicklung dauerte rund 1,5 Jahre. Gemessen an einer 0,5-Liter-Flasche von 14 g beinhaltet 1 Quadratmeter „Toile Ocean“ 5,2 PET-Flaschen aus dem Ozean. Hätte man „Toile Ocean“ als Einbandmaterial für Band 1 von Harry Potter verwendet, hätte man damit rund 75 Millionen Plastikflaschen gebunden. Der Durchschnitt einer ersten Buchauflage in Deutschland liegt bei circa 2000 Exemplaren, das würde rund 1400 Plastikflaschen bedeuten. Bei jedem verkauften Meter „Toile Ocean“ wird zudem 1 Prozent des Umsatzes für saubere Gewässer gespendet.
Stets Neues für den Buchbinder-Markt
„Als familiengeführtes Unternehmen ist der Winter & Company Nachhaltigkeit ein großes Anliegen“, sagt Nikolai Winter, Mitglied des Verwaltungsrates in vierter Generation. Seit 1892 hat die Traditionsfirma den Buchbinder-Markt immer wieder mit spannenden Innovationen bedient. So wurde in den 1960-er Jahren mit „Skivertex“ ein langlebiger Ersatz für Leder im europäischen Markt eingeführt, in den 1970-er Jahren „Wibalin Buckram“ lanciert, ein Bucheinband-Material aus Papier, das die Optik von Textil imitiert und in den 1990-er Jahren mit „Ecorel“ erstmals eine umweltfreundlichere Alternative zu PVC angeboten. Etwa zur gleichen Zeit hat die Winter & Company mit „Wintan“ ein hochwertiges Material aus recyceltem Leder für Bucheinbände lanciert. Und in den letzten Jahren konnte das Angebot an FSC-zertifizierten Bucheinband-Geweben unter „Toile Canvas“ und „Toile du Marais“ stetig innoviert werden. „Mit ‚Toile Ocean‘ gehen wir noch einen Schritt weiter“, so Winter. Angesprochen werden sollen Marken und Kunden, die einen Beitrag für saubere Ozeane leisten und ihre Kunden mit der Langlebigkeit von Produkten begeistern wollen.
Spezialisierte Kooperation
Winter & Company arbeitet für „Toile Ocean“ zusammen mit Tide Ocean, kurz #tide. „Als globales Unternehmen waren wir auf der Suche nach einem Partner, der sich auf die Sammlung und Verwertung von Ozeanplastik spezialisiert hat“, sagt Borer. Tide Ocean hat sich genau dieser Problematik angenommen und in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Schweizerischen Hochschule für Technik in Rapperswil eine Lösung entwickelt, wie aus Ozeanplastik Granulate und Garne hergestellt werden können. Dass das 2019 gegründete Start-up #tide ebenfalls seinen Sitz in Basel hat, sei ein glücklicher Zufall.
#tide sammelt und sortiert Plastikabfall an den Küsten von Thailand, den Philippinen und Indonesien. Dieser Plastik wird dann in einem preisgekrönten Verfahren mechanisch zu einem Granulat verdichtet und schließlich zu einem Garn gesponnen. Dieses Ozeangarn dient „Toile Ocean“ als Schussfaden. Der Kettenfaden wird heute aus recyceltem Polyester (rPET) hergestellt. „Toile Ocean“ wird somit zu 100 Prozent aus Plastikabfall gewoben. Die Rückseite von „Toile Ocean“ wird mit wasserbasiertem Acryl beschichtet. Dabei wurde bewusst auf eine Beschichtung mit Papier verzichtet, um möglichst wenig zusätzliche Ressourcen zu binden. Der Überzug ist notwendig, damit das Gewebe die nötige Stabilität sowie Imprägnation zu Wasser-/Leim- Durchlässigkeit erhält.